Alex Katz

* 1927 New York
lebt und arbeitet in New York

“It has not to do with what it means, but how it appears.”

Alex Katz ist einer der großen amerikanischen Maler. Noch vor der Überwindung des Abstrakten Expressionismus durch die amerikanische Pop Art und den Minimalismus schlägt er seinen eigenen Weg der gegenständlichen Malerei ein – in der Tradition der amerikanischen Malerin Georgia O’Keeffe, der Maler Fairfield Porter, Ralston Crawford und Edward Hopper.

Trotz einer eigentümlichen Distanziert behaupten Katz Bilder eine physische Gegenwart, der man sich nicht entziehen kann. Klare und einfache Kompositionen, Reduktion, glatte, monochrome Hintergründe, ungemischte Farbflächen, vereinfachte Silhouetten, extreme Ausschnitte, angeschnittene Figuren und Gesichter, wie in Filmaufnahmen vergrößerte Motive, der Umgang mit Licht und Schatten sind charakteristische Merkmale seiner künstlerischen Identität.

„Er findet die Sujets zu seinen Bildern in der unmittelbaren Umgebung. Ob Figur oder Porträt, Landschaft oder Architektur, für die Wahl seiner Ausschnitte musste Alex Katz nie weit gehen. Die ihn umgebende Natur in Maine lieferte die Vorlagen seiner Landschaften, der See-, Wald- und Strandbilder, und in New York reichte meist ein Blick aus dem Fenster seines Studios, um ihm die Motive seiner Stadtlandschaften zu geben. Die menschlichen Staffagen rekrutiert er aus seinem Bekannten- und Freundeskreis oder der Familie.“(Jochen Poetter, Von der neuen Präsenz der Bilder, Zur Malerei von Alex Katz, in: Alex Katz, in Your Face, Katalog zur Ausstellung „Alex Katz. In Your Face“ vom 9. Mai bis 18. August 2002, in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn, Wienand Verlag Köln 2002, S. 15)

„Was er malt, ist nicht die Realität der Welt, es ist, wie bei jedem guten Maler, die Realität der Malerei, aber als solche zugleich Ausdruck seiner Welt.“

(ebd., S. 16)

Alex Katz wird am 24. Juli 1927 in Brooklyn, New York geboren. 1928, zu Beginn der Depression, zieht seine Familie nach St. Albans einem Vorort von Queens. Der Vater ist Kaufmann, die Mutter Theaterschauspielerin. Beide interessieren sich für Kunst und Literatur. Zunächst sprechen die Eltern jiddisch und russisch mit ihrem Sohn. Damit er eine bessere Verbindung zur amerikanischen Kultur aufbauen kann, führen sie ab seinem vierten Lebensjahr fortan alle Gespräche mit ihm in englischer Sprache.

Nach dem Besuch der Woodrow Wilson High School, mit dem Schwerpunkt Gewerbegraphik, arbeitet Katz zunächst in einer Offsetdruckerei in der Abteilung für Reinzeichnung und Beschriftung. 1945/46 absolviert er seinen Militärdienst in der United States Navy. Von 1946 bis 1949 studiert er an der Cooper Union Art School New York Werbegraphik, Typographie und Zeichnung. Hier werden Ideen von Matisse, des Bauhauses und des Kubismus vermittelt. Von 1949-1950 setzt er sein Studium an der Skowhegan School of Painting and Sculpture, Skowhegan, Maine fort. Er studiert Kunsttheorie sowie Freilichtmalerei und beschäftigt sich mit der Malerei Paul Cézannes und Jackson Pollocks All-over-Paintings.

Die Ausbildungsjahre fallen in die große Zeit des Abstrakten Expressionismus. Am abstrakten Expressionismus von Pollock, Kline, Rothko oder de Kooning beeindrucken Katz die Formate und die Offenheit. Der Druck, sich von einer derartigen künstlerischen Potenz absetzen zu müssen, ist groß.

Sein Beharren auf figürliche Malerei lässt ihn in den Kreisen der Avantgardekünstler zum Außenseiter werden.

1950 zieht Katz von Queens nach Manhattan, wo er in der Kunst- und Musikszene der 10th Street verkehrt, den Jazz von Stan Getz für sich entdeckt und enge Freundschaften mit dem Tanzkritiker Edwin Denby, Dichtern, Fotografen und anderen Malern und Künstlern pflegt. Er heiratet die Malerin Joan Cohen. Seinen Lebensunterhalt verdient er mit Wandmalerei im Trompe-L’Œil-Stil und als Rahmenschnitzer.

In den 50er Jahren entstehen seine Scherenschnitt-Collagen. Hierfür setzt er Landschaften und Figuren aus einfarbigen Papierschnipseln zusammen, die er zum Teil vorher selbst einfärbt.

1959 fertigt Katz sein erstes Cutout. Aus einem Bild, das er für verunglückt hält, schneidet er die Figur aus der Leinwand heraus und zieht sie auf Holz auf.

Francesco & Alba (aus der Serie Pas de Deux), 1994
Siebdruck, 91 x 51 cm, Edition: 150

Später geht er dazu über, Figuren direkt auf Holz oder Aluminium zu malen und auszuschneiden. Er bemalt Vorder- und Rückseite und stellt die Figuren wie Skulpturen frei in den Raum. Der Umraum fällt der Schere zum Opfer. Man fühlt sich an die späten Papierschnitte von Henri Matisse erinnert.

1954 hat er seine erste Einzelausstellung in der Roko Gallery in New York, der 1957, 1958 und 1959 weitere in New York und Massachusetts folgen.

1958 heiratet Alex Katz die Onkologin Ada Del Moro, nachdem er sich von seiner ersten Frau getrennt hat. Ada wird zum wichtigsten Modell seiner Portraitmalerei.

1960 wird Sohn Vincent geboren.

1961 bis 1963 nimmt Katz einen Lehrauftrag an der Yale University, New Haven wahr.
1963 bezieht er zusammen mit dem Hard-Edge-Künstler Al Held ein Atelier auf der New Yorker 5th Avenue.

Anfang der 60er Jahre findet Katz formale Vorbilder in den Breitwandbildern des Kinos und in der Werbegraphik großer Konzerne wie Pepsi Cola oder Lucky Strike. Die in Amerika typischen billboards inspirieren ihn zu immer größeren Formaten. Bereits 1959 erlauben seine Bildformate den Figuren fast lebensgroß aufzutreten und unterstreichen damit ihren demonstrativen Charakter, doch wird der Betrachter mit einer fast lapidaren Beschränkung auf das Nötigste konfrontiert. Die Szenerien von Ingmar Bergmann oder Michelangelo Antonioni werden zur motivischen Anregung.

Zwischen 1960 und 1964 gestaltet er Kostüme und Bühnenbilder für die Paul Taylor Dance Company. Paul Taylor hatte er bereits 1959 dargestellt. Das Bild zeigt den Tänzer in einem Trikot einfach dastehend. Mit diesem fast lebensgroßen Porträt vor monochromem Hintergrund hat Katz seine Identität gefunden.

In den 60er Jahren erarbeitet sich Katz verschiedene thematische Möglichkeiten innerhalb seiner Malerei, die sich mit Landschaft, Porträt und Figurenbild auseinandersetzen. In Mehrfigurengruppen, die für sein malerisches Werk seit Mitte der 1960er Jahre typisch sind, porträtiert er die soziale Welt von Malern, Dichtern, Kritikern und anderen Kollegen, die ihn umgeben.

1968 bezieht er ein neues Atelier im New Yorker Stadtteil SoHo.

1971 findet erstmals eine Retrospektive seiner Arbeiten statt. Die Ausstellung startet in Salt Lake City, Utah und wird anschließend in San Diego, Kalifornien, St. Paul, Minnesota und Hartford, Connecticut gezeigt.

1974 zeigt das Whitney Museum of American Art New York die erste Ausstellung mit seinen druckgraphischen Arbeiten, 1975 folgen Ausstellungen in London und erneut in New York, 1978 in Pennsylvania, 1988 eine Retrospektive im Brooklyn Museum New York.

1977 gestaltet Katz ein Ensemble überlebensgroßer Plakattafeln mit Frauenbildnissen für den New Yorker Times Square. 1986 wird im Whitney Museum of American Art, New York eine Retrospektive gezeigt.

In den späten 1980er und 1990er Jahren konzentriert sich Katz auf große Landschaftsbilder. 1986 entstehen erste Nachtbilder – eine Abkehr von den lichtdurchfluteten Landschaften, die er zuvor gemalt hat.

Julia and Alexandra, 1983. Siebdruck, 94 x 188 cm, Edition: 75

1995 sind Katz’ Gemälde erstmalig in Deutschland zu sehen. Die Staatliche Kunsthalle Baden Baden zeigt seine Arbeiten, das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt, die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, die Deichtorhallen Hamburg und viele weitere in Deutschland und Europa (Wien, London, Zürich, Bilbao, Salzburg, Liverpool, Paris, Madrid) folgen. Gleichzeitig finden Einzel- und Gruppenausstellungen weltweit statt.

Um das Jahr 2000 greift er das Motiv der frühen Blumenbilder in monumentalen Formaten wieder auf. Cutout-Editionen und Buchprojekte mit befreundeten und zeitgenössischen Dichtern entstehen.

Mitte der 1960er Jahre, als die Druckgraphikeinen wahren Boom erlebt, wendet sich ihr Katz nach fast zehnjähriger Unterbrechung erneut zu, diesmal in der Absicht, dafür einen eigenen Werkbereich einzurichten.

Er hat zu diesem Zeitpunkt bereits zu seinem Stil und seiner Arbeitsweise gefunden. Jasper Johns und Andy Warhol geben ihm, wie er sagt, wichtige Impulse: „Sie waren die beiden Künstler, die mit ihren Druckgraphiken die europäische Tradition wirklich herausforderten …“

Der langwierige Arbeitsprozess bis zur Fertigstellung einer Druckgraphik entspricht jenem, der auch Katz‘ Gemälden vorangeht. Die Drucke entstehen – mit wenigen Ausnahmen – nicht spontan und weisen ähnlich kühle und perfekt gemachte Oberflächen auf wie die Gemälde.

„Ich male fast wie ein Drucker – vorhergeplant, in Schichten, Farbe auf Farbe […] deshalb ist das Drucken auch sehr natürlich für mich.“

(Alex Katz im Interview mit Constance Lewallen, 1990, in: Alex Katz, in Your Face, Katalog zur Ausstellung „Alex Katz. In Your Face“ vom 9. Mai bis 18. August 2002, in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn, Wienand Verlag Köln 2002, S.103)

Die Druckgraphik bietet Katz eine Vielfalt an Techniken und Ausdrucksmöglichkeiten. Er lässt sich von der Einzigartigkeit der Materialien inspirieren und findet für jede graphische Technik eine eigene Ausdrucksform. Häufig werden verschiedene Techniken in einer Arbeit kombiniert. Das Experimentieren mit der Technik sei gleichzeitig auch ein Experimentieren mit formalen Ideen, die man immer wieder von Neuem suchen und entwickeln müsse. Dies unternimmt er in den folgenden Jahrzehnten in keinem anderen Bereich so nachhaltig wie in der Druckgraphik.

Es entstehen Siebdrucke nach Gemälden, Siebdrucke nach Collagen, Lithographien in Zusammenarbeit mit der New Yorker Filiale des französischen Ateliers Mourlot. 1971 entstehen erste Radierungen, ab 1972 mit Hitoshi Nakazato, der seit 1971 in New York tätig ist. 1973 kehrt Katz zum Siebdruck zurück und greift auf Collagen und Gemälde der späten 1950er Jahre zurück. Erstmals kommen bei Katz 1974 Siebdrucktechnik und Lithographie in Kombination zur Anwendung. Der Siebdruck wird für die Farbflächen verwendet, die Lithographie für die Modellierung der Schatten.

Plaid Shirt 1, 1981
Siebdruck
119,1 x 77,9 cm
Edition: 71

Plaid Shirt 2, 1981
Siebdruck
119,1 x 77,9 cm
Edition: 40

Zwischen 1975 und 1980 gelangt Alex Katz mit dem New Yorker Drucker Prawat Laucheron zu höchster technischer Meisterschaft in der Aquatintatechnik. Die feinkörnige Textur der Aquatintaflächen ermöglicht ihm ein Arbeiten mit Grautönen. 1975 entsteht die erste Farbaquatintaradierung. Zuvor kombiniert er Siebdruck und Aquatinta, um Farbmodellierungen wie in einem Gemälde zu erzielen.

1978 schneidet Katz erstmals die Radierplatte entlang der Kontur der abgebildeten Figur ab und druckt sie auf Papier. Auf diese Weise erreicht er scharfkantige, in der Mitte des Blattes schwebende Figuren und transponiert die Cutout-Idee in die Druckgraphik.

1983, 1984 und 1989 arbeitet Katz in Paris mit Aldo Crommelynck zusammen, der bereits für Picasso druckte. 1985 entstehen erste Holztafeldrucke mit dem Japaner Tadashi Toda, Ende der 1980er Jahre auch Holz- und Linolschnitte. Die Maserung des Holzes spielt dabei für ihn eine wichtige Rolle. 1990 vereint er gemeinsam mit amerikanischen und japanischen Druckern die Techniken Holztafeldruck, Aquatinta und Siebdruck. Ab 1994 entstehen mehrteilige Siebdruckserien. Unter Einbeziehung seiner Erfahrung mit Linol- und Holzschnitten gelingt Katz mit der Radierung eine alleine auf die Konturlinie reduzierte Darstellung seiner Motive. Druckzustände gibt es bei ihm nicht.

Alex Katz hat im Laufe seiner Karriere zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Sein Werk war seit 1951 in mehr als 250 Einzelausstellung und fast 500 Gruppenausstellungen weltweit zu sehen.

Red House, 2016. Pigmentdruck, 86 x 91 cm, Edition: 70

Seine Werke sind in über 100 Museen und öffentlichen Sammlungen zu finden, u.a.

Albright-Knox Museum, Buffalo
Art Institute of Chicago
Carnegie Museum of Art, Pittsburgh
Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington D.C.
Los Angeles County Museum of Art
Metropolitan Museum of Art, New York
Museum of Modern Art, New York
Museum of Fine Arts, Boston
Whitney Museum of Modern Art, New York

Israel Museum
Metropolitan Museum of Art, Japan

Sara Hildén Art Museum, Finnland
Centre Pompidou, Frankreich
Fondation Louis Vuitton, Frankreich
Albertina, Österreich
Berardo Collection, Portugal
Museo Centro die Arte Reina Sofia, Spanien
Tate Gallery, UK

Museum Frieder Burda, Baden Baden
Nationalgalerie Berlin
Museum Brandhorst, München
Bayerisches Museum München